Ein Abstimmungsverfahren – in der HL7-Community kurz „Ballot“ – ist eine formelle Prozedur für die Annahme von neuen Standards. Materialien, die von HL7 als Standard anerkannt werden sollen, müssen ein Ballot durchlaufen. Dabei müssen genügend Mitglieder für die Annahme stimmen, negative Kommentare müssen im Konsens gelöst werden.
Es gibt folgende Typen von Ballots mit unterschiedlicher normativer Wirkung:
- Normativer Ballot: Für offizielle HL7 Standards.
- Standard for Trial Use (STU) Ballot: Dient zur Freigabe von Prä-Standards, die in der Praxis evaluiert werden sollen.
- Informativer Ballot („Comment only“): Dient zur Einholung von Input zu beliebigen Materialien, ohne normative Bedeutung
Für HL7 Austria gelten folgende Ballot-Richtlinien:
Durchführung von Abstimmungsverfahren (“Ballots“) für HL7 Standards und Spezifikationen im Geltungsbereich Österreich
Diese Richtlinien für Ballots regeln die Durchführung von Abstimmungen innerhalb der HL7 Anwendergruppe Österreich als offizielle Affiliate der HL7 International (z.B. zur Festlegung normativer Beschlüsse der Technischen Komitees). Diese wurden bei der Generalversammlung am 02.04.2009 beschlossen und im September 2016 vom Vorstand überarbeitet.
- HL7 Standards und Spezifikationen müssen ein Abstimmungsverfahren durchlaufen.
- Der Verein HL7 Austria (HL7 Anwendergruppe Österreich) führt eine Liste aller Personen, die berechtigt sind an den Abstimmungsverfahren teilzunehmen.
- Teilnahmeberechtigt sind alle Mitglieder des Vereins HL7 Austria. Jedes Mitglied hat eine Stimme. Juristische Personen (Unternehmen und Organisationen) müssen sich durch maximal zwei natürliche Personen vertreten lassen, die dem Leiter des TCs gegenüber namentlich schriftlich zu benennen sind und welche zur Abgabe der Stimme berechtigt sind. In der Teilnehmerliste werden lediglich die benannten Vertreter aufgenommen. Auf die Aufnahme in die Liste besteht ein Anspruch. Den Leitern der TC steht es frei, die Unterlagen zu einem Ballot für interessierte Nicht-Mitglieder öffentlich zu stellen. Diese Personen dürfen Kommentare abgeben, besitzen aber kein Stimmrecht im Ballot.
- Mindestens 30 Tage vor Beginn des Abstimmungsverfahrens ist ein solches allen Teilnahmeberechtigten unter Nennung des Inhalts und der Fristen anzuzeigen (Ankündigungsphase). Die Dauer des Abstimmungsverfahrens wird vorab in der Ankündigungsphase bekannt gegeben, hängt vom Umfang des Abstimmungsmaterials ab und liegt im Ermessen des Leiters des TCs. In dieser Zeit können die Teilnahmeberechtigten ihre Stimmen und Kommentare abgeben.
- Nach Ablauf der Ankündigungsfrist beginnt das Abstimmungsverfahren. Der Leiter des TCs leitet und koordiniert das Abstimmungsverfahren. Die Spezifikationen müssen allen Teilnahmeberechtigten in gleicher Weise zur Verfügung gestellt werden. Negative Stimmen müssen, um als solche gewertet zu werden, entsprechende sachlich kommentierende Stellungnahmen enthalten, positive Stimmen bzw. Enthaltungen können kommentiert werden.
- Nach Ablauf des Abstimmungsverfahrens werden Stimmen und Kommentare vom TC zusammengefügt, wiederum kommentiert und den Teilnehmern am Ballot zur Verfügung gestellt. Negative Kommentare müssen vom TC dabei als „angenommen“, „abgelehnt“ oder „nicht überzeugend“ gekennzeichnet und kommentiert werden. Zur Auflösung negativer Kommentare sind einvernehmliche Vereinbarungen zwischen dem Autor des Kommentars und dem Einreicher der Spezifikation anzustreben. Negative Stimmen oder Kommentare können bei Übereinstimmung der weiteren Vorgehensweise und verbunden mit der Verpflichtung der Änderung seitens des Einreichenden der Spezifikation zurückgezogen werden. Dies hat schriftlich gegenüber dem Leiter des TCs zu erfolgen. Kann ein (angenommener) negativer Kommentar nicht einvernehmlich aufgelöst werden, entscheidet der Vorstand über die weitere Vorgehensweise. In jedem Fall ist ein nicht aufgelöster negativer Kommentar mit der Spezifikation zu veröffentlichen.
- Abschließend werden den Teilnehmern des Abstimmungsverfahrens alle Kommentare und die im Verfahren vorgenommenen Änderungen der Spezifikation mitgeteilt. Wenn innerhalb einer vorab in der Ankündigungsphase festgelegten Einspruchsfrist kein Widerspruch erfolgt, gelten die Änderungen als festgestellt. Der Widerspruch muss schriftlich begründet werden und darf sich nur auf die innerhalb des Abstimmungsverfahrens erfolgten Änderungen an der Spezifikation beziehen. Das TC entscheidet über die Wirksamkeit des Widerspruchs.
- Für die Abnahme einer Spezifikation sind 80 Prozent Ja-Stimmen von der Summe der eingegangenen Ja- und Nein-Stimmen der Teilnahmeberechtigten sowie eine Abgabe von mindestens 3 Stimmen notwendig, das tatsächliche Quorum ist jedoch abhängig von der Art des Ballots (Abs. 9). Als Stimmen zählen alle im Abstimmungsverfahren gem. Abs. 6 abgegebenen Ja-Stimmen, soweit der Stimmberechtigte nicht im Verfahren gem. Abs. 7 widersprochen hat sowie alle negativen Stimmen im Abstimmungsverfahren gem. Abs. 6, soweit der Stimmberechtigte nicht zusätzlich im Verfahren Abs. 7 widersprochen hat sowie alle abgegebenen Enthaltungen. Gehen weniger als 3 Stimmen ein, gilt die Spezifikation als abgelehnt und das Abstimmungsverfahren als beendet. Verliert ein Teilnahmeberechtigter während des Abstimmungsverfahrens die Teilnahmeberechtigung, gilt er als nicht teilnahmeberechtigt.
- Arten von Ballots: Es werden folgende Arten von Ballots unterschieden: Ein informatives Ballot dient zur Kommentierung einer vorgeschlagenen Spezifikation, hat aber keinerlei normative Bedeutung, das Quorum beträgt 3 Teilnehmer. Das Quorum für ein Standard Trial Implementation (STU) Ballot beträgt 15% der Teilnahmeberechtigten. Ein STU ist eine Vorstufe eines normativen Standards zur praktischen Erprobung. Ein STU Standard kann (üblicherweise nach erfolgreicher Probephase) erneut in ein Abstimmungsverfahren aufgenommen werden. Ein normatives Ballot wird für normative Spezifikationen benötigt. Das Quorum beträgt 20%. Der TC Leiter kann bei entsprechender Begründung dem Vorstand des Vereins ein anderes Quorum vorschlagen (z.B., wenn zu wenige Experten verfügbar sind, die am Ballot teilnehmen könnten), der Vorstand entscheidet darüber mit einfacher Mehrheit. Ein Quorum von 3 Teilnehmern darf jedoch nicht unterschritten werden.
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